Die Bruderschaft seit 1623

Das Ehrsame Narrengericht und dessen Marienbruderschaft

Der Freiheitsbrief den Hans Heinrich von Bubenhofen „allen lustigen Fasnachts Brüdern“ des Narrengerichts zu Grosselfingen ausgestellt hat, enthält in 10 Punkten alle Pflichten, Rechte und Freiheiten die für das große Narrenspiel erforderlich waren und noch immer sind. In den Abschriften von 1605, 1719 und 1740 die sich das Ehrsame Narrengericht jeweils von der fürstlich Hohenzollerischen Kanzlei bestätigen lassen hat, ist ein „Attest“ beigesetzt dass die Herren von Bubenhofen selbst als „Super preffectus“ dem Narrengericht vorgestanden und die Fasnacht mit größter Freude zelebriert und gehalten haben.

Am 21.02.1623 wurde vom Narrengericht eine Marienbruderschaft gegründet. Der damalige Narrenvogt Hans Haug mit dem Rat des Narrengerichts hatte 8 Jahre zuvor beschlossen etwas nützliches zu tun und eine Bruderschaft zu gründen. Sie haben miteinander 8 Jahre lang Landwirtschaft auf Wiesen und Äckern betrieben und so ein Gründungskapital von 40 Malter Korn (Dinkel) und Hafer zusammen gebracht.

Um diese Gründung zu feiern wird der Turnus von 2015 ab mindestens 2mal auf 4 Jahre verkürzt (2019 + 2023). Dadurch haben wir die Möglichkeit im Jahr 2023 mit dem Spiel das 400-jährige Jubiläum der Bruderschaft zu feiern.

„Registratum: 21 t Febr. 1623, Wir Nachbenantten mit Namen Hans Haug Vogt: Hans Sauter Affter-Vogt: Hans Schweitzer und Mathias Ostertag Kertzenmaister in dieser unser Narrengericht zu Grosselfingen demnach wir bey unsern Voreltern so sij in d Fasnacht mit Kurtzweil treiben Umgang und wir dasselbig bis dato auch getriben; haben wir vor acht Jahren in der Kurtzweil In unserem Rath fir die Hand genommen einen Nutzen daraus zu schafen und haben etliche Stuckh Ackhers und Wissen gemieth und die selbige Sachs jarlang mit einand geschafet und die Zeit, hero ein Vorrath zusamen bracht ungevahr uf die 40 Malter Korn Und Habern; und dieweil wir bey Solchem Schein soweit komen, sollen und wellen wir etwas Lobliches Fir die Handt nemmen, und die wir bey einander gewesen also mit einand vereiniget ein Bruoderschaft anzustellen.“

In verschiedenen Stiftungsbriefen die das Narrengericht während des 18.Jh., des 19. Jh. und des 20. Jh. erstellt hat wurden ewige Jahrtage für verstorbene Mitglieder gestiftet, eine Totenfahne angeschafft, Feldkreuze gestiftet, Glocken gestiftet für das Bilderhäusle (die Wendelinuskapelle) oder Stiftungen für die St. Hubertuskirche getätigt. Im Jahre 1728 hat das Ehrsame Narrengericht unter dem damaligen Narrenvogt Simon Sehner ein Buch in Balingen binden lassen in dem der Schreiber des Narrengerichts Georg Ruoff den Ablauf des Narrenspiels niedergeschrieben hat.

Die auf einem Festbuch abgedruckte „Abbitt“ des „Schreibers“ Georg Ruoff stammt aus dem Jahre 1740.

Jetzt bitt ich Euch, arm und reich
jung und alt
warm und kalt
Frau und Mann
Ihr sollt mir nichts von Übel han
daß ich soviel geschrieben han
Ich habs für mich selbst nit getan
die Narren die sind schuld daran.
Und wann ich es nit hätt getan
mein Arsch der hätt brav missen dran.
Geschrieben und erneuert das letzte Mal.

Den 16. February 1740
durch den Schreiber des Narrengerichts mit Namen
Georg Ruoff

In den Jahren 1830 bis 1858 wurde das Narrenspiel nicht aufgeführt. In der Zeit des Biedermeier war es nicht besonders schick Straßenfasnacht zu feiern stattdessen war aller Orten der Karneval mit seinen Saalveranstaltungen modern geworden, Auswanderungswellen, die Not- und Hungerjahre zwischen 1840 und 1850 sowie die Revolution 1848/49 trugen ihren Beitrag zur langen Spielpause bei. Dieser Epoche fielen, einige ähnlich traditionsreiche Fasnachten wie in Grosselfingen zum Opfer, deren Wiederbelebung aber erst Ende des 19. Jh. oder Anfang des 20. Jh. erneut gelang. In Grosselfingen wurde bereits 1858 das Narrengerichtsspiel wieder aufgeführt, bevor es endgültig in Vergessenheit geraten wäre. In den Haupt- und Kassenbüchern des ehrsamen Narrengerichts ist zu sehen, dass das Spiel danach in unregelmäßigem Rhythmus alle paar Jahre Abgehalten wurde und wird. Auch die Anzahl der einzelnen Aufführungen in einem Jahr schwankt zwischen zwei und vier Spielen. Der Freiheitsbrief des Narrengerichts erlaubt es aber ausdrücklich, das Narrenspiel jährlich abzuhalten. Die erste Fasnacht mit Narrengericht nach dem 1. Weltkrieg fand 1922 wieder statt, nach dem 2. Weltkrieg wurde zum ersten mal das Narrenspiel 1949 wieder zur Aufführung gebracht.

Das Fasnachtsspiel diente nach den Weltkriegen wie zu seinen Anfängen als Mutmacher in schweren Zeiten. Denn mündlich wird in Grosselfingen von Generation zu Generation die Überlieferung weitergegeben, dass die Herren von Bubenhofen das Spiel in Grosselfingen einführten um der nach Pest und Krankheit niedergeschlagen und trauernden Bevölkerung wieder Mut und Freude am Leben zu schenken. Sie sollen das Fasnachtsspiel bei der Rückkehr aus Venedig, in das sie während einer Pestzeit geflohen sein sollen, mitgebracht haben.

Die aktuelle Vorstandschaft Bruderschaft:
  • Manfred Ostertag (Vorsteher und Vogt)
  • Hubert Riester (Schreiber und TambourmajorFanfarenzug)
  • Karl Koch (Rechner und Trommler)
  • Jürgen Beck (Zeugwart und Butz)
  • Hartmut Beck (Geiselläufer)
  • Ralph Bühler (Wegräumer)
  • Harald Keller (Hanswurst)
  • Florian Krauter (Hanswurst)
  • Gerhard Lörch (Butz)
  • Gerhard Oesterle (Geiger)
  • Claus Schilling (Bäder)
  • Thomas Volm (Wegräumer)
  • Markus Walter (Wehrer)